Schon heute gehört das Viertel zwischen Karl-Marx-Straße und Kaltenborner Straße zu einem der beliebtesten in Guben. Als Teil der Altstadt West mit ihren historischen Bauten findet sich hier eine erstaunliche Vielfalt an Wohnraum. Häuser aus der Gründerzeit prägen ebenso das Stadtbild wie Bauten der frühen DDR. Mit etwa 1.700 Wohnungen verfügt die Altstadt West über den größten Wohnungsbestand Gubens. Und dieser soll perspektivisch weiter aufgewertet werden.
Rückbau wird in Guben zwar weiterhin erforderlich sein. Den Wohnungsbestand will die GuWo aber in den Neubaugebieten der Gubener Oberstadt reduzieren, kündigte GuWo-Geschäftsführer Martin Reiher an. Die Zukunft liegt in der Unterstadt. Mit der Aufwertung des Quartiers Hegelstraße wird hier ein großer Schritt in die richtige Richtung für Guben getan.
Schon heute hat das Viertel viele Vorzüge. Durch die Nähe zum Stadtzentrum und zum Freibad und zu vielen Einkaufsmöglichkeiten ist es ein Quartier der kurzen Wege. Das Pestalozzi-Gymnasium befindet sich an der gleichnamigen Straße. Die historischen Bauten mit ihren besonderen Grundrissen und teilweise hohen Decken bieten einen besonderen Wohncharme, stellen die Wohnungswirtschaft aber auch vor Herausforderungen, wie Martin Reiher weiß: „Es sind wirklich schöne Gebäude, aber die Sanierung entsprechend moderner Wohnansprüche und die Vorgaben des Denkmalschutzes unter einen Hut zu bekommen, ist nicht immer ganz einfach.“
Die GuWo hat bereits begonnen, ihren Bestand zu sanieren. In der Pestalozzistraße und der Hegelstraße wurden erste Blöcke saniert, Grundrisse geändert und Balkone angebaut. Noch in diesem Jahr folgen ein Block in der Friedrich-Engels-Straße und in der Kaltenborner Straße. Bis 2025 will die GuWo fünf weitere Wohngebäude in dem Quartier sanieren und mit Balkonen und Aufzügen versehen. Zudem wird die ehemalige Pieck-Schule, die seit nunmehr 20 Jahren leersteht, umgebaut. Die Gubener Sozialwerke werden hier ein Pflegefachzentrum mit betreuten Wohneinheiten und einem Begegnungszentrum einrichten. Und auch die Stadt wird in das Quartier investieren. In den kommenden zwei Jahren sollen sowohl die Hegelstraße als auch die Friedrich-Engels-Straße grundhaft ausgebaut werden. Erneuert werden die Fahrbahn, der Gehweg, die Straßenentwässerung und -beleuchtung. Insgesamt investiert die Stadt hier drei Millionen Euro. In diesem Zusammenhang wird auch der Platz des Gedenkens aufgewertet. Sowohl Wege und Bänke als auch die Bepflanzungen werden erneuert, sodass hier eine kleine Oase für die Anwohner entsteht.
Platz des Gedenkens – eine wechselvolle Geschichte
Vor knapp 100 Jahren wurde der Platz erbaut – schon damals als Erholungsort für die dort wohnenden Menschen. 1930 erhielt er sein erstes Denkmal zu Ehren des ehemaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert, dessen Name der Platz sodann trug. Bereits drei Jahre später mussten Denkmal und Name weichen – die Nationalsozialisten nannten den Platz in Tannenbergplatz um, in Erinnerung an eine Schlacht im Ersten Weltkrieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hier 41 gefallene Soldaten der Roten Armee bestattet, ein Obelisk aufgestellt und der Platz erneut umbenannt – in Platz der Befreiung. 1971 wurde auf dem Platz dann ein sowjetischer T 34 Panzer auf einem Sockel platziert. Eine Überlieferung besagt, dass der offenbar noch fahrtüchtige Panzer für eine unerlaubte Spritztour seinen Sockel verließ. 1990 wurde er dann samt Sockel endgültig entfernt. Stattdessen wurden drei Obelisken aufgestellt und der Platz ein vorerst letztes Mal umbenannt – den Namen „Platz des Gedenkens“ trägt er bis heute. Der mittlere Findling trägt die Inschrift „Den Opfern von Krieg und Gewalt-Herrschaft“. Davor sind auf der Wiese Gedenksteine eingelassen, auf denen in kyrillischer Schrift die Namen der hier Bestatteten eingraviert sind. Ein Ort des Gedenkens ist der Platz bis heute: Anlässlich des Tages der Befreiung am 8. Mai lädt Die Linke jährlich zu einer Gedenkveranstaltung ein.
Stadtumbau mit Vision: Klimaquartier Hegelstraße
In der 2014 festgelegten und 2017 aktualisierten Stadtumbaustrategie der Stadt kommt dem Quartier Hegelstraße eine zentrale Rolle zu: Als Klimaquartier mit nachhaltiger Energieversorgung könnte es an Strahlkraft gewinnen. Die gesamte Altstadt West soll als größter Wohnstandort Gubens weiter gestärkt werden. Dazu werden die vorhandenen Gebäude und Straßen saniert und aufgewertet – immer unter dem Aspekt von Energieeffizienz und Klimaschutz. Ein besonders innovatives Projekt ist der Aufbau eines modernen Nahwärmenetzes, das über einen sogenannten Eisspeicher und Solarenergie versorgt werden soll und den Kohlendioxidausstoß im Quartier deutlich reduzieren würde. Noch ist es Zukunftsmusik, da es dafür Fördermittel braucht, die Vorplanungen laufen aber bereits.