Auf dieser Deutschlandkarte markiert Anika Franze, woher die Bewerbungen für das Probewohnen kommen.
Vor gut einem Jahr hätte sich Anika Franze kaum vorstellen können, dass sie großstadtmüde von den Vorzügen der Kleinstadt Guben überzeugt. Damals wohnte die gebürtige Berlinerin noch in der Hauptstadt, sehnte sich aber nach mehr Ruhe. Als sie wieder einmal im Auto saß, um die Metropole hinter sich zu lassen, hörte sie im Radio von der Gubener Aktion „Probewohnen“. Der Radiobeitrag kam genau im richtigen Moment: „Ich war der großen, lauten Stadt überdrüssig und hatte schon länger etwas Ruhiges gesucht.“
Sie bewarb sich und zog im Sommer für drei Wochen an die Neiße. Sie genoss das Kleinstadtleben auf Probe so sehr, dass sie im Anschluss die Umzugskisten packte und nach Guben zog. An ihrer neuen Heimat mag sie die Ruhe und das Ländliche, die kurzen Wege. Sie ist überrascht von der großen Auswahl an schönen Wohnungen, die nur einen Bruchteil der Berliner Miete kosten. Nicht zuletzt hat ihr das beim Probewohnen aufgebaute soziale Netzwerk das Ankommen erleichtert: „Es ist überraschend leicht, hier neue Leute kennenzulernen und in so einer kleinen Stadt läuft man sich, anders als in Berlin, häufig über den Weg.“
Einen neuen Job hat sie ebenfalls gefunden. Seit Februar arbeitet sie bei der GuWo als Marketing-Referentin. Ihr erstes großes Projekt ist die Umsetzung der zweiten Auflage des Probewohnens. Denn die erste Runde des von Stadtverwaltung, GuWo und der Willkommensagentur „Guben tut gut.“ organisierten Projekts war ein voller Erfolg: Gut 30 Probewohner kamen für einige Wochen nach Guben. Neben Anika Franze haben sich noch weitere entschieden, dauerhaft hierzubleiben. Die mediale Resonanz war enorm: Berichte in Fernsehen (Pro7, RTL, ZDF, ARD), Radio und renommierten Tageszeitungen deutschlandweit sorgten für Aufmerksamkeit. Zudem verdoppelten sich die Internetzugriffe, Anfragen und das Interesse für Guben. Im Ergebnis konnte die Stadt etwa 30 Zuzüge verzeichnen – von Menschen, die erst durch die Aktion auf die Neiße-Stadt aufmerksam geworden sind.
An den Erfolg soll in diesem Jahr angeknüpft werden. „Die Aktion war so erfolgreich, dass wir das Probewohnen erneut umsetzen und einige Neuerungen planen“, blickt Franze voraus. So werden die Wohnungen für die Gäste auf Zeit nicht mehr im Stadtgebiet verteilt, sondern zentral im Gästehaus in der Karl-Marx-Straße untergebracht. „Ich habe selbst im vergangenen Jahr gemerkt, wie wichtig die sozialen Kontakte, der Austausch und das Miteinander sind. Das wollen wir mit der Unterbringung in einem Gebäude erleichtern.“ Daher wird es auch wieder den wöchentlichen Stammtisch im Restaurant & Café „Wilhelm“ geben, bei dem sich Probewohner und Einheimische austauschen können.
Noch eine weitere Neuerung ist geplant: So sollen diejenigen, die im Sommer für mehrere Wochen nach Guben kommen, einen kreativen oder künstlerischen Beitrag für die Stadt schaffen. Denkbar ist Vieles, von Grafik oder Malerei über Skulpturen bis zu digitaler Kunst und anderen kreativen Ausdrucksformen. Am Jahresende sollen alle entstandenen Werke in einer Ausstellung präsentiert werden.
Wie ein solcher Beitrag aussehen kann, zeigt das Beispiel von Thomas Lemnitzer und Tonia Bürkle. Die beiden Offenbacher gehörten ebenfalls zu den Probewohnern 2024. Sie zogen im Sommer für drei Wochen vom Main an die Neiße. „Es war eine schöne, spannende Zeit, wir haben tolle Menschen kennengelernt. Besonders positiv ist uns aufgefallen, dass die Grenze in der Stadt eigentlich wenig präsent ist. Man muss zwar über die Neiße, kommt aber von einem Stadtzentrum direkt ins andere“, blickt Thomas Lemnitzer zurück.
Hauptberuflich ist er Fotograf, Tonia Bürkle Ausstellungsgestalterin und so entstand die Idee für ein gemeinsames Ausstellungsprojekt, das genau dieser Besonderheit der Doppelstadt nachspürt. Dafür hat Thomas Lemnitzer Menschen und Orte aus beiden Teilen der Stadt abgelichtet: Fußballkinder & Sportplätze, Bürgermeister & Rathäuser, Automechaniker & Werkstätten.
Unter dem Titel „Zwei Städte, ein Herzschlag – Guben und Gubin“ werden die Fotografien von Mai bis August auf großformatigen Bannern auf den Neiße-Terrassen in Guben zu sehen sein. Planung und Organisation der Ausstellung im öffentlichen Raum lagen dabei in Tonia Bürkles Händen. Anlässlich der feierlichen Ausstellungseröffnung am 23. Mai beim Frühlingsfest werden die beiden Probewohner von 2024 erneut in die Stadt kommen. Ihr Lebensmittelpunkt bleibt vorerst Offenbach – aus familiären und beruflichen Gründen. „Langfristig wollen wir einen Umzug aber nicht ausschließen.“ Denn wie Anika Franze waren sie positiv überrascht von der Lebensqualität der Europastadt.
Probewohnen 2025: Noch bis 25. Mai bewerben
Nach der erfolgreichen Premiere in 2024 bietet Guben in diesem Jahr erneut das Probewohnen an. Zwischen August und Oktober haben Interessierte die Möglichkeit, für zwei bis vier Wochen in Guben Probe zu wohnen. Ziel ist es, potenziellen neuen Bürgern die Vorzüge der Stadt näherzubringen und ihnen eine realistische Vorstellung vom Leben in Guben zu vermitteln. Dafür stellt die GuWo komplett eingerichtete Gästewohnungen mit 2 bis 3 Zimmern zur Verfügung. Bis auf eine Nebenkostenpauschale von 100 Euro pro Woche ist das Probewohnen kostenfrei. Außerdem besteht die Möglichkeit, über ein Praktikum lokale Unternehmen kennenzulernen.
Bewerbungen können noch bis zum 25. Mai bei Anika Franze eingereicht werden.
Gubener Wohnungsgesellschaft – Probewohnen
Anika Franze, probewohnen@guwo.de